Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Onsen gehören für mich zur japanischen Kultur dazu wie kaum etwas anderes. Kaum etwas anderes vereint für mich Entspannung und japanische Kultur gleichermaßen und so sehr wie Onsen. Vielleicht hast du ja schon mal von ihnen gehört und fragst dich, was es damit auf sich hat. Vielleicht planst du aber auch schon den Besuch eines Onsen und fragst dich, was du beachten musst, denn du kannst hier auch in das ein oder andere Fettnäpfchen treten.

Alles, was du zu Onsen wissen musst, verrate ich dir im Folgenden.

Was ist ein Onsen?

Ein Onsen ist die japanische Bezeichnung für eine heiße Quelle (温泉, auf Karten und Schildern oft als 湯 oder ゆ (yu, heißes Wasser) dargestellt). Man versteht darunter meist ein Thermalbad, welches über natürliche heiße Quellen gespeist wird. Und da Japan ein vulkanisch aktives Gebiet ist, gibt es davon eine Menge.
Manchmal werden aber auch Orte in die Definition mit einbezogen, deren Quellwasser erst noch erhitzt werden muss.

Meist sind die Bäder für Männer und Frauen getrennt, aber es gibt auch private Onsen bzw. solche, die man gegen eine Gebühr mieten und so privat nutzen kann.
Sie sind in Japan sehr beliebt und werden häufig genutzt.

Du findest Onsen oft in landschaftlich reizvollen Gebieten mit natürlichen heißen Quellen und sie sind für ihre entspannenden und gesundheitsfördernden Eigenschaften bekannt. Daher gilt das Baden in einem Onsen auch als Möglichkeit, Körper und Geist zu erfrischen.

Es gibt verschiedene Arten von Onsen, darunter öffentliche Bäder, die von Gemeinden oder Geschäften betrieben werden, sowie Ryokan (traditionelle japanische Gasthäuser), die oft private Onsen für ihre Gäste anbieten. Beim Besuch eines Onsen gibt es bestimmte Regeln zu beachten (siehe unten), wie beispielsweise das gründliche Waschen des Körpers, bevor man ins Bad steigt, um die Wasserqualität zu erhalten und die Hygiene zu wahren.

Onsen sind nicht nur für ihre heilenden Eigenschaften bekannt, sondern bieten auch eine Gelegenheit zur Entspannung und zur Teilnahme an der japanischen Kultur.

Ryokan – Übernachten in einem traditionellen japanischen Gasthaus

Merkmale eines Onsen

Städte mit vielen hochwertigen Onsen werden in Japan als Kurorte (保養地, hoyōchi) bezeichnet, und sie sind leicht durch die Endung „-Onsen“ in ihrem Namen zu erkennen. Die drei berühmtesten Onsen sind Kusatsu-Onsen in Gunma, Arima Onsen in Kobe und Gero-Onsen in Gifu. Weitere bekannte Kurorte sind Beppu-Onsen auf Kyūshū und Dōgo-Onsen in Matsuyama auf Shikoku.

Traditionelle Onsen hatten ihre Becken im Freien, aber moderne Onsen bieten oft sowohl Innen- als auch Außenbecken. Das Wasser muss aus einer vulkanischen Quelle stammen, kann jedoch künstlich erhitzt werden. Heute verfügen viele Onsen auch über zusätzliche Spa-Einrichtungen, künstliche Wasserfälle, Massageangebote und Saunen. Damit sind sie zu richtigen Wohnfühloasen der Moderne geworden und haben mit dem ursprünglichen Gedanken vom „Baden in einer heißen Quelle“ nur noch wenig gemein.
Einige der berühmtesten Onsen, wie das Tsuru-no-Yu-Onsen (鶴の湯温泉) in Semboku, in der Präfektur Akita, haben jedoch ihre Ursprünglichkeit bewahrt und verzichten auf solche Zusatzangebote.

Aufgrund des hohen Mineralgehalts im Wasser gelten viele Onsen als gesundheitsfördernd, obwohl in einigen Fällen Mineralien den Becken zugesetzt werden.

Das Baden in einem Onsen spielt eine bedeutende Rolle in der japanischen Kultur, insbesondere zur Entspannung nach der Arbeit. Wie auch beim Sentō (銭湯 oder 洗湯, öffentliches Badehaus) ist es üblich, sich vor dem Eintauchen in ein Onsen-Becken gründlich zu waschen. Traditionell badete hier das gesamte Dorf nackt, ohne Geschlechtertrennung, was sich jedoch im Laufe der Meiji-Restauration und dem Einzug westlicher Inspirationen änderte. Einige wenige Onsen ermöglichen immer noch gemischtes Nacktbaden für Männer und Frauen, während in öffentlich einsehbaren und neueren gemischten Onsen das Tragen von Badebekleidung erforderlich, in herkömmlichen Onsen jedoch nicht erwünscht ist.

Quellen, aus denen so heißes Wasser sprudelt, dass ein Baden unmöglich ist, werden übrigens Jigoku (地獄, Hölle) genannt.

Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Onsen-Etikette

Tätowierungen sind in vielen Onsen, ähnlich wie in Sentōs, grundsätzlich untersagt. Dies gilt insbesondere für Mitglieder der organisierten Kriminalität, wie die Yakuza, da Tätowierungen in der Vergangenheit stark mit diesem Milieu verbunden waren.

Generell gelten Onsen in Japan als Orte der Entspannung, wo der übliche strikte Verhaltenskodex des sozialen Lebens gelockert ist und Hierarchien ausgeglichen werden. Soll heißen, dass hier jeder genauso schwitzt wie sein Gegenüber, egal ob Angestellter oder Firmenboss. Es ist jedoch selten, dass Firmengruppen Onsen besuchen; vielmehr sind es Freunde, Familien und Paare, die die heißen Quellen gemeinsam aufsuchen. Dabei wird großen Wert auf Ruhe gelegt. Leise Gespräche werden aber natürlich akzeptiert, denn es kommt schon einmal vor, dass Fremde miteinander ins Gespräch kommen, was im normalen Alltagsleben selten der Fall ist.

Vor dem Bad gibt es einen Umkleidebereich, in dem die Kleidung in einen Korb oder ein Schließfach gelegt wird. Zur Onsen-Ausrüstung gehört ein kleines Handtuch (手拭い bzw. 手ぬぐい, tenugui), das dazu dient, den Schweiß abzuwischen. Es kann auch diskret vor den Intimbereich gehalten werden. Bevor man ins Wasser steigt, nimmt man eines der kleinen Bänkchen und eine Schüssel und begibt sich zu einem der zahlreichen Waschplätze mit Kalt- und Warmwasser an einer Wand des Baderaumes. Die Gäste duschen dort im Sitzen auf dem Bänkchen oder überspülen sich mit Wasser aus der Schüssel. Viele Badegäste nutzen diesen Moment für eine Ganzkörperpflege, einschließlich Rasur.

Einige Onsen, wie das Dōgo-Onsen, bieten nach dem Bad einen Raum zur Entspannung. Dort kann man im Yukata auf einem Zabuton (座布団, traditionelles japanisches Sitzkissen) sitzen und eine Schale Tee genießen.

Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Medizinische Wirkung

Ähnlich wie der Besuch einer Sauna, eines Hammams, einer Banja, eines Dampfbades oder einer Thermalquelle hat auch der Aufenthalt in einem Onsen positive Auswirkungen auf das subjektive Wohlbefinden. Die Durchblutung der Haut wird angeregt, was zur Verzögerung der Hautalterung beiträgt, und Muskelverspannungen werden gelöst. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Menschen mit Entzündungen, akuten Infektionskrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc. keinesfalls in ein Onsen, eine Sauna, eine Banja, ein Hammam, ein Dampfbad oder ein Thermalbad gehen sollten.

Warum wird im Onsen Milch getrunken?

Wenn du ein Onsen besuchst, wirst du vielleicht feststellen, dass ziemlich häfig Milch angeboten wird. Meist findest du Milch-Automaten oder Verkaufsstände vor, an denen du Milch kaufen kannst.

Der Grund dafür geht – wie so oft – auf alte Zeiten zurück. Die Tradition, in Onsen Milch zu verkaufen, begann genau genommen nicht mit der Milch an sich, sondern mit der Kaffemilch (Coffee Milk).

Angeblich traf Ken Moriyama (Gründer der Moriyama Dairy Company) in den 1920er Jahren auf Tajiro Sumida (erster Präsident von Sumida Shokai, einer Company, die Kaffeebohnen verkauft), der versuchte, Kaffeebohnen zu verkaufen. Beide hatten also ein Produkt, das sie stärker verkaufen wollten. Um die Kommerzialisierung von Milch und Kaffee also voranzutreiben, kreierten die beiden die Kaffeemilch, eine Mischung aus Kaffee und Milch mit etwas Zucker.

Außerdem erkannte man, dass Kühlschränke in japanischen Haushalten immer noch rar waren, in den Sentō aber reichlich vorhanden. Deshalb stellte man in den Ruhe- oder Umkleidebereichen Kühlschränke gefüllt mit Kaffeemilch auf. Da sich die Gäste dort zum Plaudern bei kalten Getränken trafen, war es der ideale Ort, um die Kaffeemilch zu verkaufen.

Heute wird die Kaffeemilch immer noch angeboten, allerdings bekommst du auch normale oder Fruchtmilch.

Worin liegt der Unterschied zu einem Yu und Sentō?

Der Begriff „Yu“ (湯) wird in Japan allgemein verwendet und kann je nach Kontext verschiedene Bedeutungen haben; einschließlich „heißes Wasser“ oder „Bad“. In vielen Fällen wird „Yu“ als Synonym für „Onsen“ verwendet, aber es gibt auch spezifischere Begriffe wie „Sentō“ und „Rotenburo“ (露天風呂, Freiluftbad), die auf verschiedene Arten von Bädern oder heißen Quellen hinweisen.

Das sind die Unterschiede zwischen „Onsen“ und „Yu“:

Onsen (温泉):

  • Onsen bezieht sich speziell auf heiße Quellen oder Thermalbäder, die mit natürlichem, aus vulkanischem Gestein stammendem heißem Wasser gespeist werden.
  • Das Wasser in einem Onsen muss bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und bestimmte Mineralien enthalten, um als Onsen zu gelten.
  • Onsen werden oft in landschaftlich reizvollen Gebieten mit natürlichen heißen Quellen gefunden.


Yu (湯):

  • Yu ist ein allgemeinerer Begriff für heißes Wasser oder Bad und kann verschiedene Arten von Bädern einschließen.
  • Yu kann sich auf Onsen im Allgemeinen beziehen, aber es kann auch Sentō (öffentliche Bäder) oder private Bäder umfassen, die nicht unbedingt aus natürlichen Quellen gespeist werden.

Sentō (銭湯):

  • Sentō sind öffentliche Bäder, die oft in städtischen Gebieten zu finden sind und in der Regel nicht von natürlichen Quellen gespeist werden.
  • Das Wasser in einem Sentō kann beheizt und mit verschiedenen Badezusätzen versehen werden.

Man könnte also sagen, dass der Begriff Onsen auf heiße Quellen hinweist, während der Begriff „Yu“ allgemein gehalten ist und heißes Wasser oder Bad meint. Dabei schließt es Onsen und Sentō mit ein.

Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung
Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Ashiyu

Ein Ashiyu (足湯, Fußbad) ist eine öffentliche Badeeinrichtung, die es den Besuchern eines Onsens ermöglicht, ihre Füße in warmem Quellwasser zu baden. Diese entspannende Erfahrung wird oft in Kurorten angeboten, um den Gästen die Möglichkeit zu bieten, ihre Füße zu entspannen, ohne dass sie die gesamte Kleidung ablegen müssen.

Ashiyus sind normalerweise kostenfrei zugänglich und stellen eine beliebte Ergänzung zu den umfassenden Wellnessangeboten von Onsen-Anlagen dar.

Die Becken sind in der Regel großzügig gestaltet und bieten Platz für mehrere Personen gleichzeitig. Die Temperatur des Wassers ist angenehm warm und trägt dazu bei, die Füße zu entspannen und eine wohltuende Wirkung zu erzielen. Die Gäste können dabei nicht nur die heilenden Eigenschaften des Quellwassers genießen, sondern auch die malerische Umgebung der Kurorte bewundern.

Die Atmosphäre an Ashiyus ist oft locker und einladend, was es den Besuchern ermöglicht, sich ungezwungen miteinander zu unterhalten oder einfach die ruhige Umgebung zu genießen. Deshalb sind sie ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Touristen gleichermaßen.

Ashiyus können meistkostenlose genutzt werden. Insgesamt bieten sie einem eine schöne Möglichkeit, die Vorzüge des heilenden Quellwassers zu erleben, ohne sich direkt in ein Onsen begeben zu müssen und sind vielleicht für diejenigen interessant, die dem Baden im Allgemeinen nichts abgewinnen können.

Lohnt sich ein Besuch in einem Onsen?

Ein Besuch in einem Onsen kann für viele Menschen eine lohnende und bereichernde Erfahrung sein, sowohl aus kultureller als auch aus gesundheitlicher Sicht.

Einige Gründe für den Besuch in einem Onsen:

  1. Entspannung und Stressabbau: Onsen sind bekannt für ihre entspannende Wirkung auf Körper und Geist. Das warme, mineralhaltige Wasser kann Muskelverspannungen lösen und Ruhe und Gelassenheit fördern.
  2. Gesundheitsfördernde Eigenschaften: Das in den Onsen verwendete Quellwasser enthält oft mineralreiche Inhaltsstoffe, die als gesundheitsfördernd gelten. Diese können die Haut verbessern, die Durchblutung fördern und sogar dazu beitragen, bestimmte Hauterkrankungen zu lindern.
  3. Kulturelle Erfahrung: Ein Onsen-Besuch ermöglicht es Besuchern, tiefer in die japanische Kultur einzutauchen. Die traditionellen Rituale, die Etikette und die entspannte Atmosphäre bieten einen Einblick in die Lebensweise der Japaner.
  4. Gemeinschaft und soziale Interaktion: Obwohl Ruhe oft betont wird, bieten Onsen auch Gelegenheiten für soziale Interaktionen. In einigen öffentlichen Bädern kann man mit anderen Gästen sprechen und neue Bekanntschaften machen. Gut, für gewöhnlich passiert das eher seltener, aber es passiert.
  5. Natürliche Umgebung: Viele Onsen sind in malerischen Gebieten mit schöner Landschaft und Natur gelegen. Der Aufenthalt in einem Onsen ermöglicht es den Besuchern also, nicht nur ein heißes Bad zu genießen, sondern auch die umgebende Natur zu erkunden. Manche Ryokan, die über Onsen verfügen, liegen manchmal an abgelegeneren Orten. Dadurch bekommst du die Möglichkeit, Japan auch abseits der Touristenpfade zu erkunden.

Beachte aber bitte, dass jeder eine andere Erfahrung mit Onsen macht. Wenn das gemeinschaftliche Baden mit fremden Menschen nichts für dich ist, halte nach privaten Onsen Ausschau. Viele Hotels und Ryokans, die über Onsen verfügen, bieten an, dass man diese oder speziell dafür gebaute Onsen auch privat nutzen kann – manchmal gegen eine Gebühr.

Vielleicht magst du Baden generell nicht und kannst einem Bad in einem Onsen nichts abgewinnen. Nichtsdestotrotz würde ich empfehlen, es einmal auszuprobieren, wenn du kannst.

Onsen – zwischen Entspannung und kultureller Erfahrung

Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Einblick in die kulturellen Aspekte eines Onsen geben und dich dazu ermutigen, es doch auch einmal auszuprobieren.

Weiterführende Links

https://de.wikipedia.org/wiki/Onsen

https://www.japan.travel/de/de/guide/onsen-guide/

https://de.wikipedia.org/wiki/Ashiyu

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